Gastbeitrag
Intelligenz -
ihre natürliche und wissenschaftliche Verwendung


a) natürliche Verwendung

Intelligentes Denken und Handeln dient in erster Linie dazu, persönliche Vorteile zu gewinnen, Wohlbefinden zu fördern und die persönliche Stabilität zu stärken. So wird dem eigenen Leben gedient.
Es werden deshalb nur diejenigen Fakten und Vorgänge zur Kenntnis genommen, die für die o.g. lebensfördernden Umstände nützlich sind. Das bedeutet, daß die so gesteuerte intelligente Gehirntätigkeit die realen Fakten filtert. Es wird das zum Denken zugelassen, was dem Leben nützt. Anders ausgedrückt, es findet ständig eine mehr oder weniger starke unbewußte Verdrängung statt.
Verdrängung kann vorübergehend nützlich sein, sie kann jedoch letztlich auch schädlich sein. Auf dieses Problemfeld kann hier nicht eingegangen werden.
Welche Filterungen jeweils stattfinden, hängt von der Eigenart, der Lebensgeschichte und der konkreten Situation des einzelnen Menschen ab. Weiter Aufschlüsse können deshalb nur Psychologie, Verhaltensforschung und Psychoanalyse leisten.


b) wissenschaftliche Verwendung

Ich möchte die Behauptung aufstellen, daß es uns von Natur her schwer fällt, in wissenschaftlicher Weise an Problemlösungen heranzugehen, weil ein solches Herangehen das Wohlbefinden meist nicht fördert sondern bedroht. Wer möchte schon freiwillig lieb gewordene geistige Räume in Frage stellen? Wir sind gefordert, uns ständig psychisch zu kontrollieren. Lehnen wir z.B. ein Argument ab, weil dadurch unser innerer Friede gestört wird?

Wie sollte die wissenschaftliche Verwendung der Intelligenz aussehen?
1) es sollten alle jeweils relevanten Fakten gesammelt werden und es darf dabei bewußt oder unbewußt keine Selektion (Filterung) stattfinden.
2) die Prämissen, die persönlichen Präferenzen (der persönliche Glaube) sollten dabei bewußt sein und klar ausgesprochen werden.
3) die Faktenzusammenhänge sollten gesichert sein (nach Möglichkeit empirisch), wenn nicht, sollte bekannt werden, daß der Gedankengang auf Spekulationen beruht. Gegebenenfalls sollte klar gestellt werden, daß für einen bestimmten Zusammenhang lediglich eine (bestimmte) Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann.
4) kann man aus verschiedenen Erfahrungsfeldern Aussagen zu einer bestimmten Frage ableiten, so sollten diese Aussagen kohärent sein, d.h. sich gegenseitig stützen und sich nicht widersprechen. Auch hier gilt wieder, daß kein relevantes Erfahrungsfeld bewußt oder unbewußt herausgefiltert werden darf.
Diese Verfahrensweise erfordert strenge Disziplin sowie intellektuelle und psychische Selbstkontrolle. Die Frage ist naheliegend, inwieweit diesem Forderungskatalog im Einzelfall entsprochen wird bzw. aufgrund der sich einschleichenden natürlichen Verwendung der Intelligenz entsprochen werden kann. Ohne genaue Selbsterfahrung und Selbstkenntnis ist das grundsätzlich nicht möglich!

© DITTRICH 1998

zur Person W. Dittrich und ihre Beiträge s. das Verzeichnis "Die Gastautoren und ihre Beiträge" (Gäste/Beiträge)


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