Verhaltenskodex für Mitglieder
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) soll ausschließlich und unmittelbar der reinen und der angewandten Physik dienen, ihre Mitglieder und alle in Deutschland wohnenden Physiker einander näher bringen, deren Gesamtheit nach außen vertreten sowie den Erfahrungsaustausch untereinander und mit ausländischen Kollegen fördern (1). Die DPG verpflichtet sich und ihre Mitglieder, für Freiheit, Toleranz, Wahrhaftigkeit und Würde in der Wissenschaft einzutreten und sich dessen bewußt zu sein, daß die in der Wissenschaft Tätigen für die Gestaltung des gesamten menschlichen Lebens in besonders hohem Maße verantwortlich sind (2).
Im Geiste dieser in der Satzung verankerten Grundsätze verpflichten sich die Mitglieder der DPG, die folgenden Mindestnormen der Ethik in ihrem Beruf nicht zu verletzen:
- Gemeinschaft der Wissenschaftler
Jedes Mitglied ist auch Mitglied der Gemeinschaft der Wissenschaftler und teilt deren besondere Verantwortung gegenüber künftigen Generationen. Die Mitglieder unterstützen die Entwicklung der Wissenschaft. Dazu anerkennen und beachten sie das für alle Wissenschaften in allen Ländern gültige Grundprinzip der Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen. Die DPG verurteilt wissenschaftliches Fehlverhalten und ächtet sowohl Betrug in der Wissenschaft als auch deren vorsätzlichen Mißbrauch.
- Forschungsergebnisse
Forschungsergebnisse müssen reproduzierbar sein und nachvollziehbar dokumentiert werden. Die Leiter von Forschungsgruppen sollen durch angemessene Organisation gewährleisten, daß ihre Mitarbeiter ihre Forschungsergebnisse vor der Publikation ausreichend kommunizieren und diskutieren. Begründete Ausnahmen, etwa zum Patentschutz, müssen möglich gemacht werden. Nach der Publikation der Ergebnisse sollen die dokumentierten Daten für eine dem Fachgebiet angemessene Zeit aufbewahrt werden. Das Erfinden von Daten sowie das Fälschen und das Plagiieren von Daten und Texten ist wissenschaftliches Fehlverhalten oder Betrug in der Wissenschaft.
- Wissenschaftliche Veröffentlichungen
Wissenschaftliche Veröffentlichungen gehören sowohl zu den Existenzgrundlagen des Wissenschaftlers als auch zu seiner Pflicht gegenüber der Gesellschaft, die seine Forschung finanziert. In den Veröffentlichungen müssen die verwendeten Methoden und die Ergebnisse in angemessener Form beschrieben werden. Eigene und fremde Vorarbeiten müssen korrekt zitiert sein. Alle Autoren einer wissenschaftlichen Veröffentlichung tragen die Verantwortung für deren Inhalt gemeinsam. Ausnahmen sollten kenntlich gemacht werden. Alle Wissenschaftler, die wesentliche Beiträge zur Idee, Planung, Durchführung oder Analyse der Forschungsarbeit geleistet haben, sollten die Möglichkeit haben Koautoren zu sein. Personen mit kleinen Beiträgen werden in der Danksagung erwähnt. Die Leitung eines Forschungsinstituts beinhaltet für sich noch nicht das Recht Koautor zu sein. Falls es sich ergibt, daß eine Publikation einen Irrtum enthält, sollte dieser in einem Erratum veröffentlicht werden.
- Begutachtungen
Die ehrenamtliche Begutachtung von Forschungsprojekten, von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und von Prüfungsleistungen sowie die Mitwirkung an Berufungsverfahren sind wesentliche Elemente zur Erzielung eines hohen Standards in der Wissenschaft. Der Originalität, der wissenschaftlichen Tiefe und der Eigenständigkeit sollen höchste Priorität bei der Beurteilung eines Wissenschaftlers eingeräumt werden. Die Anzahl seiner Veröffentlichungen kann kein Maß für seine wissenschaftliche Qualität sein. Die Mitglieder verpflichten sich grundsätzlich zur Mitwirkung an Begutachtungs- und Berufungsverfahren und in jedem Falle zur Wahrung der Vertraulichkeit der ihnen anvertrauten Unterlagen. Sie müssen sich ihrerseits auf diese Unterlagen verlassen können. Sie dürfen an einem Begutachtungs- oder Berufungsverfahren nur mitwirken, wenn sie sich selbst zur gründlichen und fairen Beurteilung in der Lage befinden. Anvertraute Unterlagen dürfen nicht zum gezielten eigenen Vorteil des Gutachters verwendet werden.
- Interessenkonflikte
Sachliche Interessenkonflikte sind auch unter Wissenschaftlern nicht vermeidbar. Diese sollten offengelegt werden. Ein Verzicht wegen Befangenheit darf einem Mitglied nicht zum persönlichen Nachteil gereichen.
Mitglieder, die gegen diese Grundsätze verstoßen, schädigen das Ansehen der DPG und der Wissenschaft. Sie können aus der DPG ausgeschlossen werden.
(1) § 3, Satzung der DPG
(2) § 4, Satzung der DPGBeschluß des Vorstandsrats am 22. März 1998 in Regensburg.
Anmerkungen von mir zum Verhaltenskodex von 1998
Dem Verhaltenskodex mit dem "für alle Wissenschaften in allen Ländern gültigen Grundprinzip der Ehrlichkeit" (Pkt.1), an dem alle Handlungen zu messen sind, weil es das Herz der Wissenschaft ist, ohne dessen Schlagen Wissenschaft keinen Sinn macht, ist allgemeine und strenge Beachtung zu wünschen. Er ist ein erster, notwendiger und sehr begrüßenswerter Schritt zu einer lauteren Wissenschaft, aber eben nur ein erster, weshalb wohl auch von "Mindestnormen der Ethik" die Rede ist. Notwendig wäre ebenfalls ein Ehrengericht und ein Ombudsmann* an den man sich vertrauensvoll wenden könnte. So bleibt es weiterhin mutigen Einzelnen und der Öffentlichkeit überlassen, Verfehlungen - wahrscheinlich auch weiterhin folgenlos - anzuprangern.
*Mit Beschluß vom 28. Januar 1999 hat inzwischen der Senat der DFG (Deutsche Forschungs Gemeinschaft) die Einrichtung der Institution eines DFG-Ombudsmans verfügt, an den Vorwürfe zur Autorschaft und Korrektheit in der Wissenschaft herangetragen werden können.
DPG-Satzung von 2007
§ 12 Verhaltenskodex für Mitglieder
- Die Mitglieder der DPG verpflichten sich, im Sinn des Gesellschaftszwecks zu handeln.
- Die Mitglieder der DPG verpflichten sich zur wissenschaftlichen Redlichkeit und Beachtung der Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis als unverzichtbare Voraussetzungen allen wissenschaftlichen Arbeitens.
- Die Mitglieder der DPG verpflichten sich zu ethisch verantwortlicher Arbeit in der Wissenschaft. Sie bekennen sich zu einer besonderen Verantwortung der Wissenschaft dafür, dass die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit nicht missbraucht und zum Nachteil von Menschen, Gesellschaft und Natur eingesetzt werden.
- Einzelheiten zu den Absätzen (1) bis (3) sind in den Ausführungsbestimmungen zum Verhaltenskodex festgelegt, die vom Vorstandsrat beschlossen werden. Sie bilden keinen Teil der Satzung.
- Mitglieder, die gegen die Absätze (1) bis (3) oder gegen die Ausführungsbestimmungen zum Verhaltenskodex verstoßen, können aus der DPG ausgeschlossen werden.
Anmerkungen von mir zum Verhaltenskodex von 2007
zu finden, desgl. die aktuelle Satzung unter DPG/Statuten. Die wesentliche Neuerung im Kodex ist die von mir bereits 1998 geforderte Einsetzung eines Ombudsmanns. Von der DPG sind jetzt zwei Ombudsleute vorgesehen. Diese werden auf Grund von Vorschlägen der Mitglieder bzw. des Vorstands oder des Vorstandsrates vom letzteren gewählt, wodurch m.E. die Orthodoxie der zur Geltung kommenden Meinungen sichergestellt ist. Rückfragen sind an den Hauptgeschäftsführer der DPG in Bad Honnef zu richten, Tel. 02224-9232-0, Fax -50, E-Mail dpg@dpg-physik.de. Von dem von mir ebenfalls geforderten Ehrengericht ist in dem neuen Text nicht die Rede. Ohne einen öffentlichen Prozess in Auffassungsfragen bleibt so Spielraum für Mauscheleien.
Der aus der Not heraus geborene Verhaltenskodex für Mitglieder der DPG von 1998 ist durch die 2007 beschlossene neue DPG-Satzung überholt. Er bleibt jedoch hier weiterhin veröffentlicht, da ich mich in einigen Texten auf ihn beziehe. Der einschlägige neue § 12 ist jedoch nur ein Rahmenparagraph, der zum Schluss auf die Ausführungsbestimmungen verweist. Diese wurden durch Beschluss des Vorstandsrates in seiner Sitzung vom 9. und 10. Nov. 2007 angenommen und sind seit dem 10.04.08 auf der Internetseite der DPGHinweise zu Wahrheit und Wahrhaftigkeit
Hier noch ein Vortrag von 1988 vor der DPG über "Die natürliche Selektion der Theoretischen Physiker"* von Dr. Wolfgang Schmidt, die zu einer Inzucht der Lehrstühle führt. Wenn ich an die DPG-Tagung 2005 in Berlin zum Einsteinjahr denke, ist die von ihm mit großer Kenntnis geschilderte Situation immer noch die gleiche und wird sich wohl auch kaum ändern. Wie auch Schmidt schreibt, werden Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Freiheit und Würde in der Wissenschaft immer einen schweren Stand haben. Das hat mit dem Humanfaktor in der Wissenschaft zu tun - s. mein gleichnamiges Referat vor der DPG 2008 auf ZEIT UND SEIN.
*auch zu finden unter www.ekkehard-friebe.de/SCHMIDT.HTMIn diesem Zusammenhang sei an die Warnung erinnert, die Sokrates zu Adeimantos in der "Politeia" des Platon aussprach:
"So laß' uns denn unser Hören und Reden beginnen mit der Erinnerung an den Ausgangspunkt unserer Untersuchung, wo wir die Naturanlage schilderten, die unbedingt erforderlich ist für den, der ein braver und tüchtiger Mann werden will. An der Spitze dieser Erfordernisse aber stand, wie du dich erinnerst, die Wahrheit, der er unbedingt und auf alle Weise nachtrachten sollte, insofern er nicht als ein Windbeutel von jeder Gemeinschaft mit der Philosophie ausgeschlossen sein wollte."Der deutsche Wissenschaftsrat hat einmal Studenten folgende Wissenschaftstugenden ans Herz gelegt: "Disziplin des Denkens, Gewissenhaftigkeit, Lernbereitschaft, Offenheit, Fähigkeit zur Selbstkritik und Bereitschaft, sich der Kritik anderer zu stellen."* Leider habe ich bei den Verantwortlichen für die Verbreitung der Relativitätstheorie bisher keine einzige dieser unerlässlichen Kardinaltugenden feststellen können. - s. u.a. Datei (I/B7a) Anhang 1: Wie man zu "Beweisen" kommt
*entnommen der SZ vom 03.09.07 S.22 zu "50 Jahre Wissenschaftsrat"zum Thema s. auch meine Widmung der Homepage
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