Was ist im guten Sinne "relativ"?
Um bemerken zu können,
dass ein Körper seinen Aufenthaltsort behält oder wechselt,
müssen folgende zwei Bedingungen erfüllt sein:
1. der Beobachter muss über ein vergleichendes Gedächtnis verfügen,
2. der Beobachter muss ein Bezugssystem benutzen,
relativ zu dem er die Lage eines Körpers bestimmt.
JEDER bestimmte Zustand ist durch einen Beobachter bestimmt!
Das Gedächtnis vergleicht automatisch den momentanen Zustand eines Körpers mit dem vorherigen
und erkennt dadurch seine Veränderung oder Nichtveränderung,
sei es seines Aussehens oder seiner Lage.
Ändert sich die Lage eines Körpers im Bezugssystem,
nennen wir ihn - in Analogie zu Lebewesen - "bewegt".
Ändert sich seine Lage nicht,
nennen wir ihn in der gleichen Metaphorik "ruhend",
wobei die "Ruhe" hier nur der Grenzfall der Bewegung ist, mit dem Tempo Null.
Während ein unbelebter Körper FÜR SICH nur in seinem Zustand verharrt,
wenn keine Kraft auf ihn einwirkt (Newton, 1. Axiom),
denn für ihn selbst gibt es weder Ort noch Zeit,
sind diese doch nur das Mittel menschlicher Unterscheidungen,
erscheint er dagegen FÜR UNS - als Relativierende - "ruhend" oder "bewegt".
Und weil Newton zwischen Sein und Schein unterschied,
indem er die Rolle des Beobachters bedachte,
konnte er die Dynamik begründen.
Relationen gehören also zur virtuellen Welt des Scheins,
für die der Beobachter die Ursache ist.
Daher ist die von ihm gesehene "Bewegung" unbelebter Körper
die Änderung einer RELATION
UND NICHT DIE EINER SACHE!
Relationen herzustellen ist für richtiges Reagieren wichtig!
Darum verfügen Lebewesen über die Fähigkeit,
alles zueinander in Beziehung setzen zu können,
unabhängig davon, ob eine solche Beziehung objektiv vorliegt!
Der Objektivist jedoch,
die Beobachterrolle nicht akzeptierend,
glaubt an die Objektivität aller von ihm gesehenen Beziehungen,
weshalb er sich das Ausbleiben von Beziehungsbeweisen
MATERIELL zu erklären versucht,
z.B. durch ein die Bewegung kompensierendes Verhalten der Messmittel,
wodurch die Bewegung angeblich zwar real, aber NUR NICHT MESSBAR WÄRE,
um - entgegen der Erfahrung - scheinbar DOCH Recht zu haben,
wie eine sehr berühmte Theorie besagt,
welche die Bewegung als eine reale Eigenschaft der Dinge behandelt,
die reale Maßstäbe verändern würde.
Aber "Bewegung" von Unbelebten ist und bleibt eine Eigenschaft,
die nur im Kopf eines Beobachters existiert
und die deshalb ohne Wechselwirkung real NICHTS bewirken kann,
denn die Dinge haben kein "Wissen" von ihrer "Bewegung"!
Wer dies trotzdem annimmt,
unterstellt SEIN WISSEN und SEIN VERHALTEN den Dingen,
weil er nicht gelernt hat
zwischen sich und den Dingen zu unterscheiden.
Die Feststellung, dass etwas "relativ" ist,
ist keine abwertende Feststellung.
Und Relativität hat auch nichts mit Beliebigkeit zu tun.
Im Gegenteil!
Erst die Beziehung zu einem Kriterium sichert die Nachvollziehbarkeit eines Urteils,
sowohl im Falle der Bewegung eines Körpers,
wie überhaupt im Falle eines jeden Urteils!
Diese Art von Relativität ist es in einem guten, weil richtigen Sinne:
Ernstzunehmende Urteile gelten immer nur relativ zu den Voraussetzungen
derer sie bedürfen, um Sinn zu machen,
das heißt, geistig nachvollziehbar zu sein,
ob im Leben oder in der Wissenschaft.
Dagegen macht die Angabe einer Körperbewegung ohne Angabe des Bezugssystems keinen Sinn.
Und ohne konstante Maßstäbe ist es nicht möglich, ihr Tempo verlässlich zu bestimmen,
denn alles Messen ist das In-Bezug-Setzen zu einer definierten und dadurch bekannten Maßeinheit,
wodurch auch das zu Messende in seiner Größe, der Maßzahl, ebenfalls bekannt wird,
die immer und überall dort nachvollzogen werden kann,
wo die benutzte Maßeinheit unverändert zur Verfügung steht.
Die durch Verwendung gleichbleibender Größen gültigen Urteile
sind auch nicht dadurch mindere Urteile,
dass ihre Voraus-Setzungen des Menschen EIGENE Setzungen sind,
seien es Bezugsrahmen oder Maßeinheiten,
die natürlich sorgfältig gewählt und dokumentiert werden müssen.
So wie das Messwesen, ist auch die Mathematik aufgebaut
und auch das positive Recht
und überhaupt alles, was überprüfbare Urteile erfordert.
Ja, letztlich sind die für jedermann verbindlichen gleichbleibenden Kriterien
DIE GRUNDLAGE JEGLICHER ZIVILISATION,
zur Ablösung des Rechts des Stärkeren.
Daher sollten wir sie uns durch keinen falschen Relativismus aufweichen lassen!
Als rationales und selbstrefentielles Organ setzt sich das Hirn seine Kriterien und Regeln selbst
mit deren Hilfe es versteht:
Nur durch den Gebrauch vernünftiger,
also einsichtiger Kriterien und Regeln,
werden Urteile vernünftig.
Und vom Menschen mehr als vernünftige Urteile zu erwarten wäre unvernünftig,
ist doch die Vernunft sein höchstes Vermögen.
Wer glaubt, "absolute/voraussetzungslose Wahrheiten" zu kennen,
dem fehlt es am Wissen um die Voraus-Setzungen von Urteilen,
oder er will sie nicht wahr haben,
oder er kümmert sich einfach nur nicht um sie,
um sich den Wahn seiner "natürlichen" Objektivität zu erhalten,
der für ihn der oberste aller Erhaltungssätze ist, den er an Aussagen anlegt.
Doch Aussagen WOHLERWOGENEN Kriterien zu unterwerfen
ist Bedingung geistigen Fortschritts
und des für den Frieden des Gemeinwesens wichtigen Diskurses.
Seien wir also zivilisierte Wesen!
Merke:
Wie man seit Aristoteles wissen könnte,
ist alles Urteilen an Prämissen gebunden.
Ja, man muss noch weiter gehen und sagen:
JEDE WAHRHEIT IST RELATIV ZU DEN BEDINGUNGEN IHRES ERKENNENS!
Das ist eine unaufhebbare Situation, die es zu akzeptieren gilt!
Deshalb ist es so wichtig, von den Bedingungen zu wissen,
will man den Wert von Aussagen einschätzen
und Urteile objektivieren können.