Allgemeine Grundlagen der Mechanik

    

Vortrag auf der DPG-Frühjahrstagung März 97 TU Berlin FV DD 12.10, Tagungsband DD S. 766-771
Langtext


Vortrag
Nachträge: Klassische, Quanten- und relativistische Mechanik

Der Sinn der Axiome (eigener Text)
Axiom = keines Beweises bedürfender Grundsatz
DUDEN 25. Auflage
Das Erste Naturgesetz

Wenn wir aufgrund unserer Lebenserfahrung überzeugt sind, daß eine prognostische Naturwissenschaft möglich ist, gehen wir davon aus, daß wir es mit einem Reich zu tun haben, in dem nicht Willkür sondern Notwendigkeit herrscht, in dem also nichts ohne Ursache geschieht. Ein solches Naturverständnis ist ein kausales.

Was etwas verändert nennen wir eine "Kraft". Und was tun (unbelebte) Dinge, auf die keine Kraft einwirkt? Richtig: Sie bleiben von sich aus wie sie sind! Diejenige Annahme, die in einem kausalen Verständnis nichts weiter voraussetzt, lautet demnach:

"Jede Sache bleibt - soviel an ihr liegt - in ihrem Zustand."

Das heißt nicht, daß sie ihren Zustand von sich aus hat sondern nur, daß sie ihn akausal von sich aus erhält! Sehr ähnlich hatte die Immanenz des Erhalts schon René Descartes (1596-1650) formuliert, der diesen Sach-Verhalt "Das Erste Naturgesetz" nannte. Ich nenne ihn, den Grund-Satz des Erhalts, weil er nicht weiter abgeleitet werden kann. Sinngemäß gleich heißt es in Newtons Principia in Definition III: "Die der Materie eingepflanzte Kraft ist die Fähigkeit Widerstand zu leisten, durch die jeder Körper von sich aus in seinem Zustand der Ruhe oder in dem der gleichförmig-geradlinigen Bewegung verharrt."

Und was tun Dinge, auf die eine Kraft einwirkt? Richtig: Sie versuchen wiederum von sich aus ihren Zustand zu erhalten, den wir dadurch als Trägheit bzw. Kraft erfahren.

Kausalität gründet also auf dem Akausalen, das keiner externen Ursache bedarf.

Ohne Akausalität keine Kausalität. Wem alles eine Folge äußerer Umstände ist übersieht: Der sog. äußere Umstand, also die einwirkende Kraft, entsteht auch nur als Folge einer Sache, die ihren Zustand von sich aus erhalten will und die dadurch zur (Mit-)Ursache, also Kraft wird. Gesetze sind der Natur nicht von außen auferlegt sondern

Naturgesetze sind Ausdruck des Soseins der Natur.

Trägheit als Ausweis von Existenz

Der Grund-Satz des Erhalts drückt unsere allgemeinste Erfahrung aus, daß jede Veränderung einer äußeren oder inneren Ursache bedarf. Er ist also ein Erfahrungssatz, der wissenschaftlich nicht abgeleitet werden kann, der aber andererseits - durch die Existenz nicht weiter ableitbarer physikalischer Erhaltungssätze - seine Richtigkeit beweist. Seines Inhalts sind wir uns so sicher und er ist uns so unproblematisch, daß er meist nicht nachdrücklich in unser Bewußtsein tritt und wir unbewußt und unreflektiert mit ihm umgehen. Da der Erhalt das grundlegendste Phänomen unbelebter Dinge ist, muß auch die Mechanik dem Grund-Satz des Erhalts genügen, der somit ihre universelle Meßlatte ist.

Das Bestreben physikalischer Sachen, sich in ihrem Zustand zu erhalten, macht sich in der Wechselwirkung durch Trägheit bemerkbar. Da Sachen von sich aus bestrebt sind, ihren Zustand zu erhalten, haben sie mithin ihre Trägheit von sich aus. Trägheit ist Ausweis der Existenz von Sachen, die in Wechselwirkung treten. Einer Sache die Trägheit zu bestreiten oder zu leugnen, daß sie ihre Trägheit von sich aus hat, heißt daher, ihr die Existenz zu bestreiten. Es kann aber keine Wissenschaft von Dingen geben, deren Existenz zugleich bestritten wird.

Anmerkung: Entpersonalisiert man Aristoteles Ersten Beweger, der - selbst unbeweglich - alles bewegt, den Islam und Christentum mit ihrem Gott zu identifizieren versuchten, so besagt der Gedanke physikalisch gesehen, dass alle Bewegungen unbelebter Dinge Folge ihres nicht weiter ableitbaren unwandelbaren Strebens sind, sich von sich aus in ihrem Zustand zu erhalten. Aristoteles' ursachenlose Ursache aller Bewegung kann so als eine frühe Formulierung des Grund-Satzes des Erhalts gesehen werden, als die Grundbefindlichkeit des Seins.

Was ist Kraft?

Kraft ist keine Sache sondern ein Aspekt von Sachen. "Kraft" wurde von Newton im 2. Axiom als dasjenige definiert, was eine "Bewegung" ändert. Dynamisch ist also nicht die Bewegung sondern nur ihre Änderung relevant. Das 1. Axiom gilt daher unabhängig davon, ob der Beobachter einen Körper im "Zustand der Ruhe oder(!) der gleichförmig-geradlinigen Bewegung" sieht, was Newton mit seinem 1. Axiom klar zu machen versuchte. Ein Zustand der Ruhe oder der Bewegung entsteht für den Beobachter erst dann, wenn er einen Körper zu einem von ihm als solchen angesehenen Fixpunkt in Beziehung setzt und er den Verlauf der Beziehung kontinuierlich oder zumindest zu 2 Zeitpunkten vergleicht. Daher sind nur Kräfte ein realer Aspekt existierender Dinge. Ursachen gehen von Sachen aus und nicht von Relationen, die ein Beobachter herstellt. Was Einstein ein Problem und Anlaß zur Relativitätstheorie war: das Ausbleiben meßbarer Beweise für die fälschlich angenommene Realität der Bewegung, bleibt bei einer kausalen Betrachtung gleich außen vor. Sie muß die Größe v nicht erst eliminieren, um zu einer objektiven, d. h. "das Objekt betreffenden", Aussage zu kommen. Bei Befolgung des Realprinzips - nur auf der Objektebene und nicht auf der Ebene der Relationen zu urteilen (s. Text I/A4 "Das Realprinzip als Erkenntnisstrategie") - erhalten wir Gleichungen, die für alle Realsysteme gelten, auf die keine Kraft einwirkt (womit jedoch nicht behauptet wird, daß es solche Realsysteme in Reinheit irgendwo gibt), ganz unabhängig davon, wie Beobachter ihr Bewegungsverhalten sehen. Daher ist das Realprinzip immer schon dort, wo Einstein mit dem Relativitätsprinzip immer erst hin will: zu beweisen, daß es auf die Bewegung eines Systems nicht ankommt, entsteht diese doch erst im Kopf des Beobachters, was man nach über 100 Jahre Kino endlich wissen könnte.

Ursprung einer mechanischen Kraft ist die Trägheit einer Sache. Dies ganz klar erkennend erläutert Newton daher in Definition III die Kraft wie folgt: "Diese Kraft ist immer dem jeweiligen Körper proportional und unterscheidet sich von der Trägheit der Masse nur durch die Art der Betrachtung. ... Der naive Beobachter weist von jeher Widerstandskraft den ruhenden und den Impetus den sich bewegenden Körpern zu; aber Bewegung und Ruhe, wie sie gemeinhin verstanden werden, sind nur dem Standpunkt voneinander verschieden" - eben in Abhängigkeit von der Sehgewohnheit des Beobachters. Von "Ruhe und Bewegung" ist daher in der nachfolgenden Axiomatik nur insofern die Rede, als es darum geht, den Zusammenhang mit der Newtonschen Mechanik herzustellen.

Das Zweite Naturgesetz

Weil jede Sache sich nicht nur durch Trägheit sondern auch durch Schwerewirkungen zu erkennen gibt, gehört m. E. die Gravitation sofort in die Axiomatik mit einbezogen. Ich gehe dabei von einem Begriff der Ganzheit aus, wie wir ihn bei Parmenides finden, der für mich das bis heute tiefste Verständnis des Phänomens Gravitation entwickelt hat. In meinem Aufsatz über "Die Gravitation als Argument für eine ganzheitliche Sichtweise" habe ich folgenden Grund-Satz vorgeschlagen, den man hier, in Anlehnung an Descartes, "Das Zweite Naturgesetz" nennen könnte:

"Jede existierende Sache hat zwei komplementäre Aspekte: ihren eigenen und den des Ganzen. Ihr eigener Aspekt wird bei Einwirkung als Trägheit erfahren, der holistische Aspekt zeigt sich als ihr auf sie gerichteter Anteil an der Gravitation. Beide sind einander proportional."

Wegen der doppelten Natur und Wirkung von Sachen ist in der Mechanik, neben dem Grund-Satz des Erhalts, noch der Grund-Satz der Ganzheit zu berücksichtigen. Ebenso wie die Trägheit sind die Wirkungen des Schwerefelds Ausweis der Existenz einer Sache.


Grund-Sätze des Erhalts und der Ganzheit
ihre Anwendung und Konsequenzen

1 Grund-Satz des Erhalts

  • 1.1 Jede Sache erhält sich von sich aus in ihrem Zustand.
  • 1.1.1 Erhalt ist nicht ableitbar. Erhaltungssätze sind daher oberste Sätze.
  • 1.2 Erhalt zeigt sich in zeitlicher Betrachtung als Dauer einer Sache.
2 Beharrung und Bewegung
  • 2.1 Das mit dem Beobachten verbundene Relativieren von Verhalten, läßt den Beobachter eine jede Sache entweder als "bewegt" oder "nicht bewegt" (ruhend) erscheinen.
  • 2.2 Eine beharrende bzw. frei fallende Sache erscheint in einem ebenfalls beharrenden bzw. frei mitfallenden Bezugssystem als im Zustand der Ruhe oder der gleichförmig-geradlinigen Bewegung. (Definition der Kräftefreiheit)

(Beharrung/Erhalt ist eine Realität, Bewegung und Ruhe (Null-Bewegung) sind relationistische Wertungen des Beobachters und somit Relativitäten. Hätten Bewegung und Ruhe ebenfalls einen Realitätsstatus, dann hätte Newton in seinem 1. Axiom nicht ohne inneren Widerspruch schreiben können: "Jeder Körper verharrt in seinem Zustand der Ruhe oder(!) der ... Bewegung", weil Körper nicht zugleich verharrend und bewegt sein können. Doch für sich verharren sie, für den Beobachter sind sie bewegt (oder nicht) - ein Hinweis, endlich die Illusion aufzugeben, daß es beobachterneutrale Beobachtungen gibt. )

Die Wirksamkeit einer Sache ist durch das bestimmt, was sie von sich aus ist. Daher ist es für ihr adäquates Verständnis entscheidend, mit Hilfe des Realprinzips ihren eigenen Zustand zu erkennen, unabhängig von den Relationen, die ein Beobachter herstellt.

3 Erhalt als Voraussetzung von Kausalität und Kraft

  • 3.1 Der Selbsterhalt bedingt, daß jede Zustandsänderung einer Sache einer Ursache bedarf.
  • 3.1.1 Die Zustandsänderung (Beschleunigung) und ihre Richtung verstehen wir als Folge einer Kraft, der sie proportional ist. (Definition der Kraft)
  • 3.1.2 Stärke und Richtung einer Kraft wird an der Zustandsänderung in Bezug auf ein System und mit Hilfe von Maßstäben erkannt, auf die die zu untersuchende Kraft nicht einwirkt.1)
  • 3.2 Quelle von Trägheit bzw. Kraft einer Sache ist ihr Bestreben, sich in ihrem Zustand zu erhalten.

(Aber: Jede Sache ist zwar von sich aus, jedoch nicht für sich träge oder kraftvoll, sondern immer nur für eine andere Sache: "Diese Kraft tritt nur während der Einwirkung ... auf" (Newton, Def. IV). Kraft ist eine operationale Hilfsgröße, mit der wir die Folgen des Erhalts im Fall der Wechselwirkung bestimmen. Es gilt daher: "Diese Kraft ist immer dem jeweiligen Körper proportional und unterscheidet sich von der Trägheit der Materie nur durch die Art der Betrachtung." (Newton)

1)Newton drückte die Notwendigkeit gleichbleibender Meßbedingungen für eine messende Wissenschaft damit aus, daß er Raum und Zeit "absolut" nannte, d. h.: unabhängig von den zu untersuchenden Kräften. Nur vom Meßvorgang unabhängige, gleichbleibende und überall geltende Maßstäbe sichern die Reproduzierbarkeit von Technik und Wissenschaft. Diese Sicherung ist Aufgabe der Meßgrößen und ihre Einheiten definierenden Metrologie. Ohne ihre Definitionen und ohne vom Gegenstand und dem Vorgang des Messens unabhängige Einheiten kann es kein sinnvolles Tun geben, das man "messen" nennen könnte.

4 Gesetz der Wechselwirkung

  • 4.1 Wie 3.2 zeigt, ist Kraft etwas Sekundäres, das nur bei der Wechselwirkung aufscheint. Es gibt daher nichts, was für sich selber schon eine Kraft ist.
  • 4.1.1 Die Existenz einer Sache kann daher nur insoweit als Trägheit oder Kraft aufscheinen, soweit ihr eine andere Sache entgegenwirkt. Daher sind die Einwirkungen zweier Sachen aufeinander immer gleich und einander entgegengewendet. (Ursprung der Kraft)
  • 4.2 Sachen bringen sich mit ihrer Masse und ihren aufeinander gerichteten Verhalten als Impulse in ein Wechselwirkungsgeschehen ein.
  • 4.2.1 Das Ergebnis ist den beteiligten Impulsen proportional.

(Newton formulierte sein 3. Axiom zuerst monokausal: "Der Einwirkung ist die Rückwirkung immer entgegengesetzt und gleich", obwohl es in der Sache eine objektive Unterscheidung nach Ein- und Rückwirkung nicht geben kann, und sofort anschließend richtig, nämlich wechselwirkend: "oder: die Einwirkung zweier Körper aufeinander sind immer gleich und wenden sich jeweils in die Gegenrichtung.")

5 Grund-Satz der Ganzheit

  • 5.1 Jede Sache ist untrennbarer Teil des Ganzen.
  • 5.2 Ihre Untrennbarkeit gibt sie in Form einer Schwere verursachenden Zentripetalkraft zu erkennen.

(Auch bei der Zentripetalkraft gilt, daß wir sie nur insofern als "Kraft" bezeichnen können, als sie auf andere Sachen einwirkt. Wo Sachen und somit Wirkungen fehlen, sprechen wir deshalb vom Kraftfeld einer Sache, als der Beschreibung der ihr zugehörigen potentiellen Beschleunigungsfähigkeit, die wir durch Probekörper erfahren. Eine Sache wirkt weder vermittelt noch unvermittelt in die Ferne, sondern sie ist nur der phänomenale Mittelpunkt ihres ständig existenten, sich räumlich verteilenden Potentials. Newton, Def. VIII lautet daher: "Die beschleunigende Kraft soll auf den Ort des Körpers zurückgeführt werden als eine Wirkfähigkeit, die vom Mittelpunkt über die einzelnen Orte in der Umgebung verteilt ist." Die oft zu hörende Behauptung, Newton hätte an Fernwirkungen geglaubt, demaskiert nur ein eigenes irrtümliches Gravitationsverständnis, das die träge Masse als Ursache der zentripetalen Wirkfähigkeit ansieht, während sie Newton lediglich als ihrem Mittelpunkt zugehörig behandelt hatte.)

6 Ursprung und Gesetz der Gravitation

  • 6.1 Die Zentripetalkraft ist eine der beiden mechanischen Formen der Wechselwirkung einer Sache. Beide sind proportional ihrer Masse, als Maß der Trägheit einer Sache.
  • 6.2 Die Zentripetalkraft geht vom einzelnen Quantum aus und verteilt sich gleichmäßig im Raum, d. h. in jedem Radius ist Menge der Zentripetalkraft einer Punktsache immer die gleiche.1)
  • 6.3 Das von der Zentripetalkraft ausgelöste "Fallen" hängt nicht von den fallenden Sachen ab, weshalb alles fällt.2)

(Trägheit ist der örtlich-passive, die Zentripetalkraft der universal-aktive Aspekt einer Sache. Zu jeder Sache gehören mithin zweierlei Wirkweisen, die quantitativ durch das gleiche Maß bestimmt werden. Die "träge Masse" ist nicht die Sache selbst sondern das Maß des Trägheitswiderstands einer Sache. Die "schwere Masse" ist das Maß der Sache unter der Einwirkung des Schwerefelds fremder Sachen. Träger des Merkmals "Masse" ist die Materie, sei sie kondensiert oder strahlend. Die berühmte Gleichung E = mc2 stellt dabei eine Relation zwischen der Trägheit kondensierter und strahlender Materie her, wie die Umkehrung mE = E/c2 zeigt - Einsteins ursprüngliche Formulierung, die zeigen sollte, daß auch Energie träge ist. Die populistische Deutung von E = mc2 als ein Maß für die Umwandlung von Masse in Energie, die durch die Atombomben "bewiesen" wäre, was ein altes alchimistisches Denken verrät, ist nicht haltbar, auf was schon Heisenberg hingewiesen hatte, doch gibt sie einen Hinweis auf die in der kondensierten Materie enthaltene Potenz. Bei der Kernspaltung wird lediglich Bindeenergie frei. Einstein sprach daher vorsichtig auch nur von der "Äquivalenz" von Masse und Energie, dabei eine bei ihm so beliebte wenig konkrete Vokabel benutzend. Ob die von ihm angegebene Relation zutrifft, ist dem Autor nicht bekannt.)

1)Auf die gleichmäßige Verteilung der Schwerkraft im Raum ist infolge des Grund-Satzes des Erhalts (hier des Produkts aus Raumvolumen und Schwerkraft) zu schließen. Newtons Gravitationsformel ist nur für 2 Punktmassen/Quanten korrekt! Da die Wirkung der Zentripetalkraft potentiell abnimmt, ergibt die lineare Verlagerung der das Feld bestimmenden Massen in das geometrische Zentrum eines ausgedehnten materiereichen Körpers wie der Sonne für seine Nähe zu niedrige Impulswerte. (Das Schwerkraftzentrum für Sachen auf und in der Nähe der Oberfläche wird eher auf halben Weg zwischen Oberfläche und geometrischen Zentrum liegen.) Newton hatte zwar gesehen, daß "die Schwere zur Sonne hin ... sich aus den Schwerewirkungen zu den einzelnen Teilchen der Sonne hin zusammensetzt", ihre Zentripetalkraft jedoch trotzdem aus ihrem Zentrum heraus berechnet, weil er 1. keine bessere Gleichung hatte und 2. der Ansatz zur Berechnung der weit entfernten Planetenbahnen ausreichend genau ist. Ich denke, die sich dadurch ergebende Impulsdifferenz für nahe Probekörper und Licht könnte das sein, was Einstein als Wirkung einer "Raumkrümmung" in der Nähe großer Massen interpretierte, wozu jedoch keine Notwendigkeit besteht. Die Verwendung einer ausreichend genauen Gleichung für eine räumlich verteilte Materie genügt. Indem Newton, Hypothesen vermeidend, die Gravitation rein geometrisch beschrieb, ist die Verbindung von Gravitation und Raum aber nichts Neues. Dabei müssen wir uns immer bewußt sein, daß "Kraft", als Analogie zur Muskelkraft, wie auch "Feld" und "Raum" nur metaphorische Beschreibungen sind, die lediglich dem menschlichen Verständnis dienen. Einstein dagegen, der keinen Nerv für die Rolle des Beobachters hatte, versuchte ständig durch Sprachspiele mentale Größen mit materiellen Eigenschaften in Verbindung zu bringen. Daher auch seine ihm wichtige Rede von der "Raumkrümmung".
2)Die Wechselwirkung ist trotzdem gegeben, weil die fallende Sache ihrerseits durch ihr Gravitationsfeld auf die beschleunigenden Sachen einwirkt. Würden auch Felder sich wechselweise beeinflussen, könnten sich, bei ausreichender Nähe relevanter Massen, durch die Verwerfung von Feldern zusätzliche Effekte ergeben. Vielleicht gibt es also doch so etwas, was mit einer "Krümmung des Raumes" verständlich gemacht werden könnte oder mit seiner "Verdrehung", die sich in Perihelbewegungen sonnennaher Planeten niederschlägt? Dies nur als Denkanstoß, wie es mir in der Wissenschaft vor allem darum geht, Begriffe zu klären und durch vertiefte Gesichtspunkte Denkanstöße zu geben.

Was als "Naturgesetz" gilt, ist die Darstellung des in Grund-Sätzen erfaßten Soseins der Natur in den Kategorien wissenschaftlichen Denkens, die einen geistigen Umgang mit ihr erlauben.
(Kategorien gehören immer zum Menschen, nicht zu den Sachen!)

Literatur:
Hier sind insbesondere Newtons "Principia" (Meiner Verlag, Philosophische Bibliothek Nr.394) zu nennen und von Werner Heisenberg "Der Teil und das Ganze" (dtv); ferner meinen DPG-Vortrag: "Das Realprinzip als Erkenntnisstrategie" (DD 1995) und "Die Gravitation als Argument für eine ganzheitliche Sichtweise" (DD und GR 1996) = Text (I/A4) bzw. auf (I/B5) u.a.
Weiter ausgearbeitet auf der DPG-Tagung 2007 vorgetragen, abgelegt auf ZEIT UND SEIN als Tagungsbeitrag (5): "Newtons Philosophie der Physik - zeitlos!" Die Isaac Newton Seite

© HILLE 1996


Nachträge

Klassische und Quantenmechanik
Die Grund-Sätze der Mechanik sind die Meßlatte des Physikers und gelten für alle Forschungsbereiche der Mechanik. Eine von überflüssigen, widersprüchlichen bzw. in sie hineininterpretierten Annahmen befreite Mechanik klassischer Art kann daher keine grundsätzlichen Differenzen zur Quantenmechanik haben, wie auch Heisenberg immer wieder betonte, auch wenn sich die Methoden makro- und mikrokosmischer Forschung maßstabbedingt notwendig unterscheiden. Erst als Heisenberg im Frühjahr 1925 in einer einsamen Nacht auf Helgoland festgestellt hatte, daß seine Energiematrix dem Erhaltungssatz der Energie genügt, hatte er "das Gefühl, durch die Oberfläche der atomaren Erscheinungen hindurch auf einen tief darunter liegenden Grund von merkwürdiger innerer Schönheit zu schauen ..." So sehr wir heute sicher sein können, daß der Grund-Satz des Erhalts auch in der Quantenmechanik gilt, so sehr ist die Berücksichtigung des Grund-Satzes der Ganzheit anzumahnen, was man das Problem der Quantengravitation nennt. Da die Gravitation als komplementäre Kraft zu den Quanten selber gehört, ist sie jedoch kein grund-sätzliches sondern nur ein historisches Problem. Es hat viel damit zu tun, daß aus Respekt vor Einsteins berühmtem Namen von ihm geprägte Annahmen und Vorstellungen erhalten werden sollen. Es wäre aber bestimmt mehr im Sinne Einsteins, statt um Namen, sich nur um die Einheit der Physik zu bekümmern.

Klassische und relativistische Mechanik  - neu Dez. 2010
Während die klassische Mechanik Newtons, vom Grund-Satz des Erhalts ausgehend, auf die daraus abgeleiteten Axiomen gründet, geht Einstein in seiner berühmten Arbeit von 1905 "Zur Elektrodynamik bewegter Körper" von 2 "Vermutungen" aus, die ihm als "Voraus-Setzung" dienten. Die erste "Vermutung", die er zugleich "für erwiesen" hielt (!) war, "daß dem Begriffe der absoluten Ruhe nicht nur in der Mechanik, sondern auch in der Elektrodynamik keine Eigenschaften der Erscheinungen entsprechen, sondern daß vielmehr für alle Koordinatensysteme, für welche die mechanischen Gleichungen gelten, auch die gleichen elektrodynamischen und optischen Gesetze gelten" was er "Prinzip der Relativität" nannte, das auch als die Gleichberechtigung aller gleichförmig-geradlinig-bewegten Bezugssysteme bekannt und insofern eine Konsequenz von Newtons 1. Axiom ist, für das es keinen Unterschied "ruhender" und "bewegter" Körper (und Systeme) gibt. Dieser "Vermutung" fügte er die "nur scheinbar unverträgliche Voraussetzung" hinzu, "daß sich das Licht im leeren Raum stets mit einer bestimmten, vom Bewegungszustand des emittierenden Körpers unabhängigen Geschwindigkeit V fortpflanze," was eine Sachvermutung ist. Seine Mechanik gründet also auf 2 widersprüchlichen Voraussetzungen, was ihm durchaus bewusst war, die er aber als "nur scheinbar unverträglich" bezeichnete, eine Unverträglichkeit, die er hoffte, auflösen zu können. Zu was diese 2 tatsächlich unverträglichen Voraussetzungen führen, ist im Text (I/B15) "Haben wir Einsteins "Prinzip der Relativität" schon wirklich verstanden?" nachzulesen, denn wo alle geradlinig-gleichförmig-bewegten Bezugssysteme gleichberechtigt sind, kann es auch keine relativistischen Systeme geben, deren Maße und Abmessungen (aber nur in der Bewegungsrichtung!) von Geschwindigkeiten zu anderen Systemen abhängen, weshalb die ganze Theorie schon nach ihrer 1. Voraussetzung gegenstandslos ist, ganz abgesehen davon, dass Beziehungen (Relationen) immer nur für den Beobachter existieren, der sie dank seiner mentalen Fähigkeiten zu seinem Verständnis herstellt.
      Die unbelebte Natur dagegen bezieht sich nicht - sie ist! Nur vor Ort anwesende reale Kräfte können etwas bewirken. Daher können nur sie Gegenstand der Physik sein. Bezugs- und Koordinatensysteme sind vom Beobachter erdachte und benutzte Hilfsmittel, auch wenn er sie gedanklich mit realen Körpern verbindet. Einsteins Theorie dient daher nur der Koordinierung dieser Hilfsmittel, hat also nichts mit den Gegenständen der Physik zu tun. Indem er die Bewegtheit eines solchen Systems mit Hilfe der Lorentztransformationen kleinrechnet bzw. bei c sogar verschwinden lässt, rechnet er den Augenschein ihrer Bewegtheit (die Größe v) weg und ist dann wieder bei Newtons 1. Axiom, für das es keinen Unterschied zwischen Bewegtheit und Ruhe gibt, weil Körper objektiv von sich aus nur in ihrem Zustand verharren. Für sich verharren sie, für den Beobachter sind sie bewegt oder nicht - ein dringender Hinweis, endlich die Illusion aufzugeben, daß es beobachterneutrale Beobachtungen gibt, wie Einstein unbeirrbar glaubte, der in seiner Selbstblindheit auch keinen Unterschied zwischen geistigen Hilfsmitteln und realen Gegenständen sah und machte, was noch immer für große Verwirrung sorgt, ist man doch selber ratlos, kann nicht zwischen dem Maß und dem zu Messenden unterscheiden.


Der Sinn der Axiome

Ein Axiom ist ein Grund-Satz, der wegen seiner Vernünftigkeit unmittelbar evident ist. Aus der unmittelbar einsichtigen Aussage eines Axioms werden in ihm implizierte Ableitungen getätigt. Wissenschaftlich relevante Axiome sind keine ungeprüften Sachaussagen sondern Vernunftkriterien, mit deren Hilfe Sachlagen beurteilt werden können. (Zum Unterschied von Prinzipien und Axiomen s. den gleichnamigen Text auf Datei I/A2.) Niemals kann etwas Problematisches Inhalt eines Axioms sein. Dagegen sollen mit Hilfe des problemfreien Axioms Probleme aufgelöst werden. Ein solch fruchtbarer Grund-Satz, mit dem unsere alltäglichste Erfahrung, die unser Denken und Handeln leitet, auf den Punkt gebracht ist, ist der für die Mechanik gültige Satz, daß alle unbelebten Dinge, von mir Sachen genannt, um sie von Lebewesen zu unterscheiden, soviel an ihnen liegt, sich in ihrem Zustand erhalten. Dies ist ein Grund-Satz und keine Sachaussage, da nicht behauptet wird, daß es einen solchen unbedrängten Zustand irgendwo in Reinheit gibt. Daher ist auch keine Widerlegung möglich sondern nur die Frage, wie vernünftig er ist. Descartes nannte ihn sehr richtig "Das Erste Naturgesetz". Newton schränkte in seiner Mechanik den universellen Erhaltungssatz auf die Lage von Körpern ein, wobei Erhaltung als Beharrung/Verharren erscheint. Sein 1. Gesetz der Bewegung lautet: "Jeder Körper verharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmig-geradlinigen Bewegung, sofern er nicht durch eingedrückte Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird." (Übersetzung von Ed Dellian.) Er zeigt, daß die Bewegung eines unbeeinflußten Körpers ein kräftefreier Zustand ist, der eben gerade keiner (fremden) Ursache bedarf und ebenso keine Folgen haben kann, solange Bewegung nicht zur Begegnung wird. Es war also nicht mehr notwendig, geistige Wesenheiten, wie Engel, zur Aufrechterhaltung der Himmelsbewegungen anzunehmen. Newtons 1. Axiom zeigt, daß die unbeschleunigte Bewegung eine Selbstverständlichkeit ist und eben kein physikalisches Problem, weshalb sie auch keiner Erklärung bedarf, weder durch eine "eingepflanzte Kraft", wie Newton es als gottgläubiger Naturphilosoph in Definition III versucht hatte, noch durch diesseitige "ferne Fixsternmassen" (Einstein, machsches Prinzip, ein säkularer Gottes-Ersatz). Aber weil die kräftefreie Bewegung unproblematisch ist, konnte der Physiker Newton sie als 1. Axiom verwenden und zur Grundlage seiner Mechanik machen. Und indem er zeigt, wie ein aus sich selbst kommendes Verharren in der Begegnung als Kraft erscheint, definiert er die Kraft (2. Axiom) als das die Bewegung Ändernde. Wäre aber sowohl ein gleichbleibender Zustand, als auch dessen Änderung Folge von Kraft, ist es nicht möglich, die Kraft und damit die Mechanik zu begründen. Und ebensowenig kann sie begründet werden durch eine massenlose Masse, die ihre Trägheit von anderen ("fernen"), ebenfalls unträgen Massen bezieht, denn niemand kann etwas geben, was er nicht hat. Wer einer Sache abspricht, daß sie die Trägheit von sich aus hat, macht die Realität zu einer Als-ob-Erscheinung und die Physik zu einer Luftnummer.

Doch zu Körpern (und nach meiner Überzeugung zu allen anderen physikalischen Entitäten) gehört nicht nur Trägheit sondern auch eine Schwere bewirkende Kraft. Wegen der damit gegebenen permanenten Wechselwirkung aller physikalischen Existenzen gehört zu allen auch eine permanente dynamische Eigenschaft. Es bleibt jedoch dabei, daß ohne eine andere wechselwirkende physikalische Realität nicht von "Kraft" gesprochen werden kann. Die Axiome zeigen, daß nichts für sich selber schon eine Kraft ist und nichts ohne Wechselwirkung als "träge" oder "schwer" erscheint, so daß "Masse" nur das Maß eines bei Wechselwirkung aufscheinenden mechanischen Widerstands ist. Und nichts kann ohne einen vom Beobachter dazugegebenen Bezug als "bewegt" oder "ruhend" bezeichnet werden. Erst der Wissenschaftler, der seine eigene Rolle im Forschungsprozeß erkennt und in seinen Aussagen berücksichtigt, der weiß, daß er "nach Niels' Worten im großen Drama des Lebens Zuschauer und Mitspieler zugleich ist" (Heisenberg), kann zum Wissen-Schaffenden werden. Nur wer sich als Teil seiner Wahrnehmung begreift, nimmt im eigentlichen Sinne "wahr" und ist nicht nur ein Techniker und Macher, der mit den Objekten seiner Arbeit so selbstbezogen wie selbstvergessen umgeht. Dieses tiefere Verständnis zu wecken und echtes Wissen zu fördern, ist der Sinn der hier vorgelegten Axiomatik. Ihr Ziel ist es:

durch Erklärung mit dem Selbst-Verständlichen, das Erklärte verständlich zu machen.
- Freilich, Verstand ist schon vonnöten. -


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