Bedarf das "Michelson-Experiment" einer relativistischen Erklärung?
In seinem Buch "Relativitätstheorie - aktuell" von 1989, BSB Teubner Leipzig, schreibt der Physiker Ernst Schmutzer, Jena, auf Seite 42: "Aus der Serie der vielen vorrelativistischen Versuche (den Weltäther nachzuweisen), ... ragt das im Jahre 1881 von A. Michelson in Potsdam durchgeführte sog. Michelson-Experiment ganz besonders heraus. Durch seine Aussage wurde die Ätherhypothese unwiderruflich erschüttert. Später wurde dieser Versuch mit verbesserter Technik von E. W. Morley (1897) und D. C. Miller (1904) sowie von K. K. Illingworth und G. Joos (1927-1930 im Zeisswerk Jena) wiederholt. Die Schlüssigkeit des ersten Experiments konnte dabei entscheidend verschärft werden. Da es sich dabei um eines der wichtigsten Experimente zur Speziellen Relativitätstheorie handelt, wollen wir den Versuch kurz beschreiben und einige relevante Schlüsse ziehen." Es folgt die "Abb. 3". "Die Abb. 3 gibt schematisch ein Michelson-Interferometer wieder, das fest mit der Erde verbunden sei, also eine Relativbewegung gegen den Weltäther aufweise, dessen Existenz wir bei der Konzipierung dieses Versuches voraussetzen wollen, um ihn auf diese Weise ad absurdum zu führen." Auf Seite 44 heißt es dann: "In der Folgezeit wurde das Michelson-Experiment noch so oft ausgeführt, wobei in den letzten Jahren insbesondere auch die Fortschritte der Laserphysik ausgenutzt wurden. Das Ergebnis war immer negativ." Dieses "negativ" bezieht sich auf die Hypothese vom Weltäther, in dem sich das Licht fortpflanzen sollte, weshalb A. Einstein konsequenterweise vorschlug, die Ätherhypothese aufzugeben. Man sollte nun meinen, daß aufgrund des immer gleichen und eindeutigen Ergebnisses das sog. "Michelson-Experiment", welches heute als ein simpler Lichttest bezeichnet würde, damit seine Pflicht und Schuldigkeit, den Weltäther "auf diese Weise ad absurdum zu führen" getan hätte. Trotzdem wird von E. Schmutzer gesagt, "da(ß) es sich dabei um eines der wichtigsten Experimente zur Speziellen Relativitätstheorie handelt," eine Aussage, die immer dann zu finden ist, sobald die Notwendigkeit von Einsteins Spezieller Relativitätstheorie begründet werden soll - denn für Einstein selbst waren in seiner berühmten Schrift von 1905 - und damit, entgegen einer späteren Behauptung, er hätte sie nicht gekannt, dokumentiert - die "mißlungenen Versuche, eine Bewegung der Erde relativ zum "Lichtmedium" zu konstatieren", mit ein wichtiger Grund für sein "Prinzip der Relativität".
Doch welche Gründe dazu liefert nun das sog. Michelson-Experiment und sein Ausgang???
Oder anders gefragt: Was bleibt denn an ihm unerklärt, wenn man aus ihm die Konsequenz zieht, in Zukunft auf die Weltätherhypothese zu verzichten, auch wenn man sich vielleicht deshalb über die Grundlage der Optik neue Gedanken machen müßte??? Was erklärt die relativistische Erklärung denn mehr oder besser, noch dazu, wo sie eine starke Hypothese benötigt, nämlich die Relativität von Zeit und Raum, während die Erklärung durch die Nichtexistenz des Äthers gerade eine solche erübrigt? Oder war diese einfachste, dem Sinn des Experimentes angemessene und selbst-verständliche Erklärung falsch oder unvollständig? Ich denke nein.
Der Vorgang war doch folgender: Die Lichtquelle L und das Lichtziel F (für "Fernrohr") waren Teil eines Systems, das "fest mit der Erde verbunden" war. Zwischen L und F legte der durch einen halbdurchlässigen Spiegel aufgespaltete Lichtstrahl in zwei senkrecht zueinander stehenden Richtungen gleiche Wegstrecken in gleichen Zeiten zurück, so daß beide Teilstrahlen, zum Lichtempfänger F umgelenkt, diesen zugleich erreichten, weshalb es zu keiner Interferenz der Lichtstrahlen kam, obwohl ein Teilstrahl sich zuvor in Richtung der Erdumlaufbahn und gegen sie bewegt hatte - oder umgekehrt.* Was soll an diesem Ergebnis, daß das Licht zu seiner Quelle in jeder Richtung gleich schnell ist, noch einer Erklärung bedürfen außer der, daß es einen die Lichtwege beeinflussenden Äther offensichtlich nicht gibt?
*bei horizontaler Anordnung vollständig aber nur, wenn das Experiment in der Mittagszeit oder um Mitternacht ausgeführt wird und der "kritische" Lichtstrahl genau in Richtung Erdbewegung zeigt - über diese wichtige Voraussetzung einer ordentlichen Messung habe ich bei Schmutzer und auch bei anderen Autoren keine Hinweise gefunden. Auch die zur Translationsbewegung sich addierende oder subtrahierende Rotationsgeschwindigkeit der Erde wäre zu berücksichtigen und daher auch hier der Breitengrad der Untersuchung. Ich muss davon ausgehen, dass diese Bedingungen ausreichend berücksichtigt wurden. Wissen tu ich es nicht.Nur eine Verletzung der Isotropie hätte einer Erklärung bedurft, z.B. eben durch die Existenz eines mit der Sonne mehr oder weniger starr verbundenen Äthers, da jede Sache von sich aus in dem ihr erteilten Zustand verharrt, also auch das Licht bei seiner Ausbreitungsbewegung von der Quelle. Genau davon ist man bei Anlage des Experiments richtigerweise auch ausgegangen und ohne diese (stillschweigende) Voraussetzung hätte es überhaupt keinen Sinn gemacht! Was selbst-verständliche Voraussetzung physikalischen Forschens ist, kann durch Physik nicht wiederum erklärt werden. Wo also ist hier irgendein physikalisches Problem? Hatte Einstein nicht gesagt, er versuche alles so einfach wie möglich zu erklären (ohne etwas zu vereinfachen)? Die offensichtliche wenn auch nicht explizit ausgesprochene Beibehaltung der Hypothese des starren Äthers und die zu ihrer Aufrechterhaltung von Einstein eingeführte noch stärkere Hypothese der Relativität von Raum und Zeit sind aber gerade das genaue Gegenteil einer "Vereinfachung", wenn man ebenso auf beide "Erklärungen" verzichten kann, ohne daß am Ausgang des Versuchs irgendetwas unerklärt bliebe.
Daher wäre ich für eine Aufklärung dankbar, was es denn an der Isotropie der Lichtausbreitung überhaupt zu erklären gibt bzw. welche Überzeugungen ihrer Akzeptanz im Wege standen oder immer noch stehen. Vielleicht bringt uns das Nachdenken über diese Frage auf die Spur von Überzeugungen, deren Existenz und/oder Berechtigung viele noch gar nicht bedacht haben.
© HILLE 1996
Nachtrag
Meldung im "Physik Journal" Oktober 2003, S.18 unter der Überschrift "Michelson-Morley und kein Ende": "Über 100 Jahre nach den Experimenten von Michelson und Morley haben Physiker aus Berlin, Konstanz und Düsseldorf mit bislang unerreichter Genauigkeit nachgewiesen, dass die Lichtgeschwindigkeit unabhängig von der Ausbreitungsrichtung ist. Eine mögliche Anisotropie beträgt demnach maximal ca. 2x10-15."
Kommentar: Die Meldung lässt offen, ob es sich nur um eine neutrale Feststellung handelt oder ob durch die Messergebnisse die angebliche Notwendigkeit der SRT (s. Haupttext oben) nur erneut "mit bislang unerreichter Genauigkeit nachgewiesen" wurde. Aber der erneute Nachweis der Isotropie und seine Vermeldung im "Physik Journal" im Angesicht der kommenden Einsteinjahre wären sicher unterblieben, wenn es nicht um eine Stützung der SRT gehen würde, denn die Isotropie der Lichtausbreitung als solche ist eine Selbstverständlichkeit, die keines Beweises bedarf. Nach "über 100 Jahre" MM-Experimente (richtig: über 115 Jahre) bzw. nach über 120 Jahren M-Experimente (Michelson 1881 in Potsdam) wäre es an der Zeit, die Idee eines starren Äthers oder des Äthers überhaupt aufzugeben. Und genauso wäre es vernünftigerweise an der Zeit in Betracht zu ziehen, dass Thesen, die nach nun fast 100 Jahren immer noch unklar und umstritten sind, weshalb Jahr für Jahr immer weitere dicke und teure Bücher über Einsteins RT auf dem Markt gebracht werden müssen, obwohl Einstein doch alles "ganz einfach" erklären wollte, irgendwie nicht stimmen können. Etwas Richtiges muss nur einmal aber richtig erklärt werden. Daher sollten wir endlich alternativen Überlegungen nachgehen und die so gern missgedeuteten M- und MM-Experimente nicht ständig weiter strapazieren. Albert Abraham Michelson (1852-1931), der bis ans Ende seiner Tage nicht an die Relativitätstheorie glaubte, sagte einmal zu Einstein, dass "er bedaure, durch seine eigene Arbeit diesem Monster den Weg bereitet zu haben." (Shankland 1963)Die wahre Lösung des Problems,
das Einstein mit der Relativität der Maßstäbe in Abhängigkeit von "ihrer Bewegung" gelöst zu haben glaubte, besteht darin, zwischen einer realen und einer gedachten Bewegung zu unterscheiden. "Befindet man sich relativ zu einer Ladung in Ruhe, so registriert man nur ein elektrisches Feld. Bewegt man sich relativ zu ihr, so ist ein zusätzliches Magnetfeld vorhanden." (Th. Bührke in "Albert Einstein", dtv 2004) Hier ist "Bewegung" Positionsänderung in einem realen elektrischen Feld, weshalb es zu Phänomenen kommt, die von der Bewegung durch dieses Feld abhängen. Vergleicht jedoch ein Beobachter die Position eines Objekts lediglich rein geistig zu einem von ihm gesetzten Bezug, so existiert die wahrgenommene "Bewegung" rein virtuell als sekundäre Eigenschaft nur zu diesem Bezug, also nur in seinem Kopf und kann deshalb sich real auch nicht zeigen, solange es zu keiner Wechselwirkung zwischen Objekten kommt, weshalb alle Naturgesetze unabhängig davon gelten, ob der Beobachter einen Körper oder einen Bezugspunkt als "ruhend" oder "bewegt" einstuft (Newton: 1. Axiom). Macht man den Unterschied zwischen einer realen und einer virtuellen "Bewegung", was Sachverstand erfordert, erübrigen sich die Thesen der SRT! Das Bedenken der Beobachterrolle ist also unverzichtbar, will man den Ausgang des Michelson-Experiments in der Sache und nicht nur mathematisch-formal verstehen: Weil es keinen vermittelnden Äther gibt, bestand zwischen dem Licht im Interferometer und der Sonne bzw. der Bewegung der Erde auf ihrer Bahn keine reale sondern nur eine gedachte (virtuelle) Beziehung, weshalb es zu dem als "negativ" eingestuften Ausgang des Experiments kommen musste. Doch eine Nullmessung von v ist auch eine Messung, so gültig wie jede andere, und es gilt, sie ohne Wenn und Aber zu akzeptieren. Kämpft man mit Theorien gegen die Erfahrung an und sagt wie hier: (ad hoc erfundene) sonderbare Eigenschaften der Messmittel haben nur die Messung der Erdbewegung verhindert, kann es leicht sein, dass man Antiwissenschaft betreibt, die noch schlimmer als Pseudowissenschaft ist, ohne es zu bemerken. Und sie ist nichteinmal "Protowissenschaft", mit deren Bezeichnung Einsteinianer unerwünschte Einsichten abzuklassifizieren versuchen. Man ist schlau aber nicht weise. Doch hatte Einstein in seiner berühmten Schrift von 1905 nicht eingangs zuerst selbst noch richtig bemerkt, "daß dem Begriffe der absoluten Ruhe (= Grenzfall der Bewegung) nicht nur in der Mechanik, sondern auch in der Elektrodynamik keine Eigenschaften der Erscheinungen entsprechen,..."? Was aber keine primäre Eigenschaft der Erscheinungen ist, sondern als sekundäre Eigenschaft rein im Kopf des Beobachter aufscheint, wenn er etwas in Beziehung setzt, kann natürlich real auch nichts bewirken - eine Feststellung, mit der das Problem "bewegter Körper", das Einstein "lösen" wollte, von allein verschwindet und man sich die ganze relativistische Rumrechnerei ersparen kann. In späteren Jahren musste er zugeben, "dass es für die Naturgesetze (besser: für die Sache) auf die Bewegung des Bezugsystems nicht ankommt" - aber eben auch auf alle virtuellen Bewegungen - weil sie nur für den Beobachter existieren, wovon bereits Newton ausging, weshalb er mit seiner Fluktationsrechnung die Größe v kurzerhand aus den Beobachtungsdaten eliminierte, ohne zu glauben, sich lange erklären zu müssen. Aber auch Einstein als Newtonersatz machte mit seinen Lorentz-Transformationen letztlich nichts anderes, glaubte jedoch, weil er die Beobachterrolle bestritt, an Stelle des rein rechnerisch zu beseitigenden Denkfehlers eine quasi-materielle Begründung liefern zu müssen, um seine These als Physik aussehen zu lassen. Hier von "Fortschritt" zu reden, der durch Aufgabe des kritischen Standpunkts in Wahrheit ein bedauerlicher geistiger Rückschritt ist, ist eine gründliche Verkennung der Situation.
Die Richtigkeit meiner These lässt sich anhand der weltweiten und täglichen Praxis der Trägheitsnavigation auch massiv empirisch belegen - s. auch Datei (I/B12) "Die wahre Relativität der Bewegung"
Einsteins Frage:"Warum eigentlich schwatzen die Leute immer von meiner Relativitätstheorie? Ich habe doch noch andere brauchbare Sachen gemacht, vielleicht sogar noch bessere, aber davon nimmt das Publikum überhaupt keine Notiz."
(Albert Einstein, zitiert nach C. Seelig, "Albert Einstein. Leben und Werk eines Genies unserer Zeit", Europa Verlag, Zürich 1960, S. 336; sowie "Albert Einstein - Worte in Zeit und Raum", hrsg. u. eingel. von Sigurd M. Daecke, Verlag Herder Freiburg im Breisgau 1991, S.103)meine Antwort:
Die Leute "schwatzen" immer wieder von der Relativitätstheorie, weil sie glauben, es wäre ihre Pflicht, die hochgelobte Theorie zu verstehen. Ihr von Einstein als "Geschwätz" abqualifiziertes Bemühen ist der redliche, immer wieder neu unternommene Versuch braver Bildungsbürger, einen rationalen Zugang zu ihr zu finden. Da es aber keinen gibt und physikalisch an ihr nichts zu verstehen ist, es sei denn man durchschaut sie gleich ganz, halten sie Einstein in ihrer Not für ein geistig nicht einholbares Genie. Doch es ist nur ein Abgrund von Verkehrtheiten, den "die Leute" in ihrer Biederkeit in der doch sooo "objektiven Wissenschaft" nicht für möglich halten, weshalb sie das Versagen bei sich selber suchen. Hierzu jedoch aufklärend F. Mühlhölzer von der TU Dresden: "Ich denke, dieser fundamentalistische Justamentstandpunkt Weinbergs zur Abwehr einer kritischen Hinterfragung ist seinerseits geeignet, die Analyse der philosophischen Relativisten zu bestätigen, daß das, was die Wissenschaft als Realität ansieht, oft genug ein soziales und sprachliches Konstrukt sei, und daß es sich bei der vielgerühmten wissenschaftlichen Objektivität letztlich um den Ausdruck von Machtstrukturen handle, aufgrund derer sich die Wissenschaft durchsetzt." (s. die neue Datei I/A10)
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