Ein Beispiel für Neurotheologie als Teil der Neurophilosophie
- einer meiner besten Texte -
Philosophische Sentenz des Monats Februar 2019 auf www.museumsart.de
auch veröffentlichti in den "unitarischen blättern", Ausgabe Heft 03/2018
Wer nur Philosophie versteht, versteht auch die nicht recht. Man sollte auch wissen, wie das Gehirn funktioniert.Martin Walser schreibt in "Die Stimmung, das Wissen, die Sprache" (UNIVERSITAS Sept.1995 S. 817): "Wer sagt: Gott existiert nicht, hat doch damit schon von ihm gesprochen. Man spürt direkt, wie schwach die Verneinungskraft der Sprache ist, verglichen mit einem Hauptwort. Wenn es Gott nicht gäbe, könnte man doch nicht sagen, dass es ihn nicht gebe. Es gibt das Wort. ... Wir brauchen diese Wörter, sonst gäbe es sie nicht. Sie drücken unser Bedürfnis aus. Unseren Mangel. Unsere Not." Wir sollten also als Erstes versuchen zu verstehen, was der Begriff "Gott" besagt. Da hilft uns am besten die Neurophilosophie, das ist die Verbindung philosophischer Fragen mit den Ergebnissen der Hirnforschung.
Das Unbewusste ist ein rationales Organ, das verstehen will, weshalb es immer nach Gründen und Ursachen fragt in der Grundüberzeugung, dass von Nichts nichts kommt. Da die Welt nun mal da ist, muss es folglich ein ewig Existierendes und Schöpferisches geben, dass wir "Gott" nennen. "Gott" ist deshalb ein höchst rationaler Begriff, weshalb er so hartnäckig und für das Weltverständnis so unverzichtbar ist. Erst seine bei Christen gewohnte Verbindung mit einer menschenähnlichen Erscheinung hat ihn fragwürdig werden lassen. Mohamed dagegen hatte klugerweise den Gebrauch von Bildern in Zusammenhang mit seiner Lehre gleich ganz verboten, weshalb Mohammedaner dieses Problem nicht haben. Ihr Gott wird ihnen nicht fragwürdig!
Was ist nun das ewig Existierende? In einem der ältesten Texte der griechischen Philosophie heißt es bei Anaximander aus Milet (um 611 - 545 v.d.Z.): "Der Ursprung der seienden Dinge ist das Unbegrenzte. Denn aus diesem entstehe alles und zu diesem vergehe alles. Weshalb auch unbeschränkt viele Welten produziert werden und wieder zu jenem [Unbegrenzten] vergehen, aus dem sie entstehen." Hier ist von einem Universum ohne Grenzen in Raum und Zeit die Rede, das zwar nicht erfahrbar ist, das sich jedoch in letzter Konsequenz logisch ergibt. Aber wie schon in der Religion mit ihren Vermenschlichungen hat sich der Westen auch in der Wissenschaft geistig blockiert, indem er den von uns bewohnten, durch einem "Urknall" entstandenen Kosmos hartnäckig als "Universum" bezeichnet, der jedoch wahrscheinlich nur einer von vielen in einem grenzen- und zeitlosen Weltall ist. Auch die scheinbar fortschrittlichere Rede von "Paralleluniversen" oder "Multiuniversen", die ebenfalls einmal aus dem Nichts entstanden wären, bringt uns da nicht weiter. Es gilt daher als Erstes Kosmos und Universum zu unterscheiden. Das schafft die notwendige Klarheit. Was gibt es daran nicht zu verstehen???
Und was ist nun das Schöpferische, das uns auf Schritt und Tritt in der Natur begegnet? Bedarf es da nicht doch wieder eines menschenähnlichen, wenn auch eines uns weit überlegeneren Wesens? Seit Darwins Evolutionslehre haben wir zumindest eine Ahnung, wie sich biologische Systeme durch Variation und Auslese entwickeln können, wenn auch noch niemand zeigen konnte, wie aus einer Art eine ganz andere wird, außer durch Symbiose z.B. von Algen und Pilzen wie bei den sehr erfolgreichen Flechten.
Prinzipiell wird das Schöpferische in der Natur wie bei den Flechten durch Emergenz bewirkt, das ist durch Einwirkung einer Energie, z.B. Wärme oder/und Druck, die zufällige Verbindung unterschiedlicher Komponenten zu einer neuen dauerhaften Einheit mit nach außen hin neuen Eigenschaften, was ja schon bei den Atomen beginnt. Da das Neue nicht einfach aus den beteiligten Wirkpartnern abgeleitet werden kann, da ja etwas von ihnen Verschiedenes entsteht, wie das Kind von seinen Eltern verschieden ist, kommt hier der Intellekt an seine Grenzen. Wir können da nur staunen und respektieren. So sind wir zwar aufgeklärt, bleiben jedoch ehrfürchtig gegenüber den Wundern der Natur und der Unendlichkeit des Universums. Aber immerhin werden wir dadurch als Mensch zur Stimme des Seins, das beginnt, sich selbst zu begreifen. Und menschliches Dasein gewinnt einen über es selbst hinausweisenden universellen Sinn. Aber natürlich ist niemand daran gehindert, Emergenz als Ausweis einer höheren Weisheit zu verstehen, wenn ihm eine solche Annahme für sein Dasein sinnvoll erscheint.
© HILLE 2018 | 2019
mit 3 Ergänzungen gegenüber der Sentenz
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